Zwischen den Jahren besuchte ich alle drei Ausstellungen im NRW Forum Düsseldorf: Bling Bling Baby, Terror Komplex und Gute Aussichten. Zum Großteil waren Fotografien zu sehen.
Meines Erachtens nach sind alle drei Ausstellung auch zugänglich für Besucher, die sich nicht viel mit Kunst beschäftigen. Man könnte fast sagen, die Kunst bekommt hier einen popkulturellen Anstrich. Grund dafür ist auf der einen Seite das Medium Fotografie, auf der anderen Seite liegt es aber auch an den altbekannten Themen, wie z.B. Homosexualität, Schönheitsideale, Feminismus, Kommerz, Gender. Um ehrlich zu sein war ich etwas gelangweilt von der Themenauswahl. Auch vom Terror werde ich zunehmend gelangweilt. Ein paar Eindrücke werde ich aufgreifen.
In der Ausstellung Bling Bling Baby habe ich mir die meiste Zeit die altbekannte Frage nach der Grenze zwischen Modefotografie und Kunst gestellt. Und obwohl einige Künstler auf einen absurden Schönheitswahn aufmerksam machen wollten, war die Zahl der abgebildeten Models fast kaum zu ertragen. Gleich gegenüber von Nico und Annas tanzenden und strahlenden Discodiven (“Miss Miami Nice”, Nico & Anna, Hamburg 2011) wurde das Ideal einer Frau in Frage gestellt („The Ideal Woman“, Kourtney Roy, 2011). Trotz gelungener Inszenierung, ist diese Thematik alt. Und ob diese Ausstellung letztendlich den Schönheitswahn kritisiert oder befeuert, bleibt zu diskutieren.
Langweilig oder eventuell für mich unverständlich sind die Arbeiten von David Drebin. Wozu zeigt er beispielsweise auf der Fotografie Manhattan Nights die Skyline? Solch eine Abbildung kann jeder für ein paar Euro bei Ikea ergattern. Dann ist sie vielleicht sogar scharf. Es sind weder Details, noch Personen erkennbar und vielleicht ist gerade das der Kern der Sache und ich verstehe ihn einfach nicht.
Selbstverständlich schwingt bei der Fotografie oft die Frage nach der Wahl des Mediums mit. Bei dem Thema der Ausstellung mag die Frage in den Hintergrund rücken, doch wieso Mark Kimber seine kleinen Plastiken der Serie All that glisters nicht einfach in Vitrinen mit schwarzer Umgebung und präzise geführtem Licht ausstellt, ist tatsächlich fragwürdig.
Wenig einfallsreich erschien mir die Darstellung von faulendem Obst vor einer pinken Wand von Christto und Andrew. Geht es hier um mehr als lediglich die Thematisierung von Vergänglichkeit? Ja, alles, was schön ist, wird alt. Wir halten oft krampfhaft an einem Ideal fest. Die alten Maler haben nur eine Seite der Medaille gezeigt. Und Pink ist das neue Braun.
Genug kritisiert, es folgen ein paar schöne Entdeckungen: Insgesamt schienen viele Länder, Kontinente und Kulturen vertreten zu sein (z.B. Mumbai, Afrika, Japan, Österreich, USA). Auch waren nicht nur die Arbeiten männlicher Künstler zu sehen, wie so oft. Gewundert hat mich, dass es einige Künstlerpaare gab. Eine Serie konnte ich keinem der üblichen Themen zuordnen und ist mir deshalb in Erinnerung geblieben, nämlich The Glas Project von Jason McGlade. Zwölf Fotos stellten je einen Monat, bzw. ein Sternzeichen dar. Die Personen, welche von vielen Dingen umgeben waren, lagen in einem Wasserbecken und wurden von unten fotografiert. Mir kamen viele Assoziationen wie beispielsweise Lebendigkeit durch Wasser. Ein interessanter Kniff um eine Verbindung von Malerei und Fotografie zu schaffen war zu sehen bei Inka und Niclas („The Belt of the Venus and the Shadow of the Earth“). Die Fotografie war gerahmt und über die Leinwand hinaus auch auf den Rahmen gedruckt. David LaChapelles „The Rape of Africa“ hat mich und meine Mutter auf eine Entdeckungsreise geschickt. Wie Detektive haben wir versucht, die ganzen Symbole und Hinweise zu deuten, um so zur Bildaussage zu gelangen. Dieses Analyseverfahren wende ich üblicherweise nur an bei sehr alten Gemälden, was diese Fotografie zu etwas Besonderem machte. Hier ein paar unkommentierte Entdeckungen:
Mein Highlight der Ausstellung (neben dem „Party Camel“ von Sarah Illenberger) war eine Fotografie von Markus Henttonen aus der Serie Silent Night (Nr. 1096, 2011-2013). Die Farben sind nicht sonderlich satt, das Bild ist eher in Grautönen gehalten. Es besticht besonders durch seinen Hell-Dunkel-Kontrast, welcher auch den Bezug zum Ausstellungstitel verdeutlicht. Zu sehen ist eine Garage, welche an einen dekorierten Vorgarten in den USA zur Weihnachtszeit erinnert. Neben der Einfahrt befinden sich Rentiere und Glocken aus Lichterketten, ein Basketballkorb, Pfingstrosen und am Garagentor hängt sogar ein Adventskranz. Alles glitzert und blingt und leuchtet so sehr, dass man den Hintergrund erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Hinter der Garage wachsen Palmen und hohe Büsche, die vermuten lassen, dass es sich um eine sehr warme Region handelt. Mein erster Gedanke war, dass das Foto auf Kuba entstanden ist, doch auch der Süden von Kalifornien oder Florida wären denkbar. Tatsache ist, dass es sich um eine Region handelt, in der das Christentum noch recht jung ist. Die Dekoration wirkt kitschig und hat wenig mit dem gemein, was Weihnachten ursprünglich bedeutete. Da wandert nun Einer an einen warmen Ort und spielt Basketball mit den Kindern in der Einfahrt und genießt das Leben. An Weihnachten werden dann alle Lichterketten ausgepackt, willkürlich wird die Dekoration angebracht und sobald die Sonne untergeht, glitzert die Garage. Warum eigentlich eine Pfingstrose? Wozu Glocken? Na so kennt man es eben und die Glocken waren im Angebot. Von Tradition im klassischen Sinne kann hier keine Rede mehr sein.
Es folgen nun Stichpunkte und Fotos zu den beiden anderen Ausstellungen:
Simon Menner Terror Komplex.
Erster Eindruck: Viele Fotos, eher Abneigung aufgrund der Bilderflut bezüglich dieser Thematik, Bildschirme sehen nicht ansprechend aus (ähnliche Videoaufnahmen bekannt aus Nachrichten), Gold wirkt anziehend.
Eindruck nach der Besichtigung: Die Umsetzung hat mir gefallen. Sicherlich ist es eine Gradwanderung, die er vornimmt. Eigentlich wird der IS verharmlost durch das Ziehen von Parallelen mit Gruppen der westlichen Welt (z.B. Cheerleader). Nichtsdestotrotz wird der Ernst der Lage dargestellt. Die Würde des Menschen bleibt bestehen ohne von seiner Grausamkeit abzusehen.
Junge Deutsche Fotografie, Gute Aussichten 2016/17.
Ich habe mich darauf gefreut zu sehen, welche die aktuellen Themen junger, deutscher Fotografen sind. Wirklich überrascht hat mich nichts und ehrlich gesagt hat mich auch nichts umgehauen. Enttäuscht wurde ich aber auch nicht. Zusammenfassend kann man sagen, dass uns Homosexualität und Prostitution, Afrika und der Nahe Osten, die Neuen Medien sowie Einsamkeit beschäftigen. Von technischer Seite her waren die Künstler doch recht verhalten. Chris Becher und Holger Jenss zeigen, dass eine Kombination von Bild und Schrift sowie der Muttersprache mit Englisch Teil der neuen Lesart sind.
Besonders angesprochen hat mich die Serie von Julia Steinigeweg. Sie zeigt mithilfe sehr moderner „Sexpuppen“ auf welch abstruse Weise wir heutzutage versuchen, vor der Einsamkeit zu fliehen. Die Bilder waren traurig und einfühlsam und hatten eigentlich nichts mit Sexualität zu tun. Man konnte erkennen, dass wir in der Lage dazu sind, uns von nichtmenschlichen Dingen eine emotionale Befriedigung zu verschaffen. Auch wenn wir dies abwerten, so sind wir trotzdem mitfühlend und verständnisvoll. Wir schaffen realistische Puppen und sind dann überrascht davon, was sie in uns auslösen können.